Fachbereichsleiter Isfort erläuterte den Sachverhalt und wies auf die neueste Rechtsprechung hin, die gewerbliche Altpapiersammlungen aus privaten Haushalten für zulässig erklärt habe. Das habe zur Folge, dass die private Entsorgungswirtschaft zurzeit versuche, wegen der hohen Verwertungserlöse beim Altpapier flächendeckend blaue Altpapiertonnen bei den privaten Haushaltungen aufzustellen, um den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Altpapiermengen und somit Erlöse “abzufischen”. Durch dieses Vorgehen bestehe für die Gemeinde Rosendahl die akute Gefahr, dass die bislang erzielten Erträge aus der Altpapierverwertung in erheblichem Umfang wegbrechen und dadurch negative Auswirkungen auf die Gebührenentwicklung entstehen. Um sicher zu stellen, dass die Gebührenbelastung für die Bürger nicht ansteige, werde verwaltungsseitig daher die flächendeckende Einführung von Altpapiergefäßen vorgeschlagen. Die Einführung der Papiertonne sei zwar mit einer Aufwanderhöhung um rd. 8.100,00 € verbunden, stelle aber auch gleichzeitig sicher, dass die bislang erzielten Verwertungserlöse von rd. 65.000 € jährlich weiterhin dem Kreis Coesfeld zur Subventionierung der Restmüll- und Biomüllgebühren zufließen.

 

Auf die Frage von Ausschussmitglied Branse, in welcher Form die Verwertungserlöse gebührenmindernd wirken, teilte Fachbereichsleiter Isfort mit, dass diese indirekt auf die Höhe der gemeindlichen Rest- und Biomüllgebühren Einfluss haben. Aufgrund der Zuständigkeitsverteilung nach dem Landesabfallgesetz Nordrhein Westfalen obliege dem Kreis Coesfeld die Verwertung und Entsorgung. Im Rahmen dieser Zuständigkeit stehen ihm auch Verwertungserträge für einzelne Abfallfraktionen zu. Diese Erträge fließen im Kreis Coesfeld allerdings nicht den einzelnen Gemeinden unmittelbar zu, um von diesen im Rahmen der Gebührenkalkulationen mit gebührenmindernder Wirkung eingesetzt werden zu können, sondern werden vom Kreis Coesfeld bei der Ermittlung der Gebührensätze für die Erhebung von Gebühren für die Benutzung von Abfallentsorgungsanlagen (Rest- und Biomüllentsorgung) einbezogen. Durch die Verwertungserlöse werden die Benutzungsgebühren für die Rest- und Biomüllentsorgung des Kreises Coesfeld mit einem Anteil von 18,00 bis 20,00 € pro Tonne subventioniert.

 

Frau Voss-Werland, Geschäftsführerin der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH, ergänzte, dass durch die erzielten Verwertungserlöse im Jahr 2007 die Benutzungsgebühren beim Restmüll von 140,00 €/to. auf 130,00 €/to. und beim Biomüll von 98,00 €/to. auf 80 €/to. gesenkt werden konnten.

 

Ausschussmitglied Reints erklärte, dass seiner Auffassung nach das Sammelsystem über Altpapiercontainer und die Kolpingsfamilien intakt sei. Warum in der Gemeinde Rosendahl weniger Altpapier als in anderen Kommunen im Kreis Coesfeld gesammelt werde, sei für ihn nicht erkennbar. Ob und in welcher Form gewerbliche Sammlungen in der Gemeinde Rosendahl durchgeführt werden können, sei seines Erachtens auch noch nicht abschließend geklärt und aus diesem Grund sehe er im Moment keinen Handlungsbedarf entsprechenden Schaden für die Gemeinde abwenden zu müssen. Aus diesem Grunde lehne die Fraktion der GRÜNEN die Einführung der Papiertonne ab.

 

Bürgermeister Niehues wies in diesem Zusammenhang auf die Mitteilungen Nr. 241 in der April- Ausgabe 2008 des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen hin, in der ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushalte gegenüber den Städten und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ausnahmsweise dann entfällt, wenn

-       nicht gefährliche Abfälle (§ 13 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG)

-          durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit dies den öffentlichen rechtlichen Entsorgungsträgern nachgewiesen wird und

-          keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen.

 

In den jüngsten Entscheidungen oberer Verwaltungsgerichte ist ein Entgegenstehen überwiegender öffentlicher Interessen bei gewerblichen Abfallsammlungen aus privaten Haushaltungen durchgängig abgelehnt worden, so dass seitens des Städte- und Gemeindebundes NRW folgende Empfehlung ausgesprochen worden sei:

 

“Vor diesem Hintergrund kann den Städten und Gemeinden nur empfohlen werden, über die Einführung einer grundstücksbezogenen Altpapiererfassung mit Abfallgefäß (z.B. blaue oder grüne oder andersfarbige Tonne) zeitnah nachzudenken, weil davon ausgegangen werden muss, dass private Entsorgungsfirmen bei Städten und Gemeinden mit Depot-Containern oder Altpapier-Bündelsammlungen, den privaten Haushaltungen die “Luxus-Variante” der Altpapier-Tonne anbieten werden. Dieses wiederum kann zu einer kurz- bis mittelfristigen Erhöhung der Abfallgebühren führen, weil dann die regulären Kosten der Abfallentsorgung nicht mehr über die Verwertungserlöse für das Altpapier gesenkt werden könnten und damit mehr Kosten über die Abfallgebühr auf die gebührenpflichtigen Benutzer verteilt werden müssten.”

 

Hinsichtlich der Frage, ob auch in Rosendahl gewerbliche Sammler auftreten können, wies Bürgermeister Niehues darauf hin, dass er heute noch ein Telefongespräch mit Herrn Dr. Reloe von der Fa. Remondis geführte habe. Dieser habe ihn darüber informiert, dass die Fa. Remondis zzt. als gewerblicher Sammler in der Stadt Marl Papiertonnen aufstelle. Zwar möchte die Fa. Remondis keinen Druck auf die Gemeinde Rosendahl ausüben, aber die Fa. Stenau habe bereits in Gronau Papiertonnen aufgestellt und wenn es Anzeichen dafür gebe, dass die Fa. Stenau auch im Gemeindegebiet Rosendahl tätig werde, würde auch die Fa. Remondis sofort reagieren.

 

Bürgermeister Niehues machte deutlich, dass es sehr wohl darum gehe, Schaden von der Gemeinde und dem Bürger abzuwenden. Werde keine Papiertonne eingeführt, so zahlen das die Bürger mit höheren Gebühren, da davon ausgegangen werden könne, dass bei bislang jährlich 600 Tonnen gesammelten Altpapiers - entspricht Verwertungserlösen von rd. 60.000 € - zwei Drittel des Altpapiers durch das Aufstellen von Papiertonnen eines gewerblichen Sammlers wegbrechen können. Diesen Mindereinnahmen von rd. 40.000 € stehen lediglich Mehrkosten durch die Einführung der Papiertonne von rd. 8.100 € gegenüber.

 

Frau Voss-Werland erläuterte, dass seitens des Kreises Coesfeld die Ausschreibung der Altpapierverwertung alle 2-3 Jahre durchgeführt werde. Bei der letzten Ausschreibung war ein sehr guter Wettbewerb vorhanden, so dass auch ein sehr guter Preis für die Altpapierverwertung erzielt werden konnte.

 

Ausschussmitglied Schröer wies darauf hin, dass diese hohen Erlöse, die vom Kreis Coesfeld erzielt werden, bei der nächsten Ausschreibung nicht mehr garantiert werden können. Durch den vom Kreis Coesfeld mit der Fa. Remondis abgeschlossenen Verwertungsvertrag zahle dieser zzt. mehr Erlöse an den Kreis Coesfeld als auf dem Papiermarkt erhältlich seien. Bei der nächsten Ausschreibung könne das Ergebnis ganz anders ausfallen und dementsprechend auch eine Kostensteigerung für die Gemeinde eintreten. Wenn man diese Unsicherheiten betrachte, komme man ins Grübeln, da durch die Einführung der Papiertonne ein bislang gutes und intaktes Sammelsystem aufgegeben werde. Wenn sich dann auch noch die Erlössituation auf dem Papiermarkt negativ verändere, seien dann auch noch höhere Kosten durch die Einführung der Papiertonne produziert worden. Das aufgezeigte Schreckgespenst werde von ihm nicht gesehen und insofern bestehe auch seiner Meinung nach keine Veranlassung über das bisherige Sammelsystem nachzudenken.

 

Ausschussmitglied Löchtefeld vertrat die Auffassung, dass auch bei der Fragestellung, ob ein gewerblicher Sammler auftreten werde oder nicht, die Gemeindegröße eine entscheidende Rolle spiele. Die Gemeinde Rosendahl bestehe aus drei Ortsteilen mit ländlicher Struktur und aus diesem Grunde sei sie möglicherweise gar nicht so interessant für einen gewerblichen Sammler wie allgemein angenommen werde. Zumindest auch nur solange, wie die Verwertungserlöse höher sind als die Sammelkosten.

 

Ausschussmitglied Branse erläuterte, dass eine Risikoabwägung vorzunehmen sei. Die blaue Tonne durch einen gewerblichen Sammler sei für den Bürger kostenlos und das Entsorgen des Altpapiers über Depot-Container deutlich günstiger, als das was bei Einführung der Papiertonne durch die Fa. Remondis angeboten werde. Insofern sehe er überhaupt kein Kostenrisiko und keine Notwendigkeit um tätig zu werden.

 

Ausschussmitglied Fedder bezweifelte, dass die blauen Tonnen eines gewerblichen Sammlers von den Bürgern akzeptiert würden, wenn darüber informiert werde, das Altpapier nicht über diese Papiertonnen zu entsorgen. Er sehe durchaus die Möglichkeit, dass ein gewerblicher Sammler sehr schnell feststelle, dass dieses Verfahren für ihn unwirtschaftlich ist.

 

Vor dem Hintergrund dieser Problematik fragte Ausschussmitglied Mensing nach, ob bekannt sei, dass die Kolpingsfamilien auch weiterhin bereit seien wie bislang das Altpapier einzusammeln oder ob es Tendenzen gebe, dass bei den Kolpingsfamilien nicht mehr genügend Kapazitäten vorhanden seien.

 

Ausschussvorsitzender Schulze Baek erklärte hierzu, dass es sicherlich für die Kolpingsfamilien unwirtschaftlich werde, wenn blaue Tonnen aufgestellt würden.

 

Ausschussmitglied Steindorf bemerkte, dass Vieles in der Diskussion doch sehr hypothetisch sei und die Frage der Zulässigkeit von gewerblichen Sammlungen in der Gemeinde Rosendahl nicht abschließend geklärt sei. Des Weiteren machte er darauf aufmerksam, dass ein bislang intaktes Sozialsystem in der Form von karitativen Sammlungen zerbrochen werde und später nicht mehr wieder einzuführen sei.

 

Frau Voss-Werland wies nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die Gerichtsentscheidungen klar und deutlich seien. Das überwiegende öffentliche Interesse werde von den Gerichten auch nicht bei Kolpingsammlungen gesehen. In der Stadt Gronau sei auch ein karitatives System vorhanden gewesen und laut Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Münster darf die Fa. Stenau dort definitiv Papiertonnen aufstellen.

 

In diesem Zusammenhang erklärte Frau Voss-Werland, dass beim Wegbrechen der Altapiermengen in der Gemeinde Rosendahl sicherlich das bislang vom Kreis Coesfeld praktizierte Umlagesystem der Papiererlöse umgestellt werde und diese wieder direkt an die Städte und Gemeinden ausgezahlt werden, da ansonsten die anderen Kommunen stark benachteiligt würden. Dies hätte für die Gemeinde Rosendahl zur Folge, dass die bislang subventionierten Rest- und Biomüllgebühren des Kreises drastisch ansteigen würden und bei Direktauszahlung der Papiererlöse an die Kommunen des Weiteren erhebliche Mindereinnahmen zu verzeichnen seien.

 

Ausschussmitglied Schröer bat um Auskunft darüber, was der sog. “Worst-Case-Fall”, also der schlechteste oder der ungünstigste anzunehmende Fall, an Kosten für die Gemeinde Rosendahl verursachen würde. Eine Darstellung von Vergleichszahlen wäre sicherlich für die Entscheidungsfindung hilfreich.

 

Bürgermeister Niehues erläuterte, dass beim Aufstellen von Papiertonnen durch ein privates Entsorgungsunternehmen sicherlich davon auszugehen sei, dass über Jahre hinweg mit dem Altpapier auch Erlöse zu erzielen seien, ansonsten sei der Aufwand für die Unternehmen unwirtschaftlich. Im Hinblick auf Kosteneinsparungen könne vermutlich ein Drittel an Kosten bei der Depot-Container-Sammlung eingespart werden, da dort weniger Altpapiermengen anfallen. Zu Bedenken sei aber immer, dass weniger Altpapiermengen auch gleichzeitig erhebliche Mindereinnahmen bedeuten.

 

Auf Nachfrage von Ausschussmitglied Mensing, ob das gesammelte Altpapier am Wertstoffhof auch dem Kreis Coesfeld übergeben werde, erläuterte Frau Voss-Werland, dass dieses nicht der Fall sei, da durch die Kommunen für die Sammlung am Wertstoffhof an den Betreiber auch Entgelte zu zahlen seien, die bei Abschluss der Verträge seinerzeit höher waren als die Verwertungserlöse.

 

Auf weitere Nachfrage von Ausschussmitglied Mensing, ob beim Aufstellen der Papiertonnen durch einen gewerblichen Sammler seitens der Gemeinde lediglich auf die “Sammelstelle Wertstoffhof” verwiesen werden könne, erläuterte Frau Voss-Werland, dass dies theoretisch möglich sei.

 

Fachbereichsleiter Isfort erklärte, dass für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Verpflichtung bestehe, unabhängig von den gewerblichen Sammlungen, weiterhin ein eigenes und vor allem geeignetes Sammelsystem für Altpapier aufrecht erhalten zu müssen. Die Entsorgungssicherheit müsse jederzeit gegeben sein, d.h. die Gemeinde müsse sicherstellen, dass sie auch dann das Altpapier umfassend aufnehmen könne, wenn sich der gewerbliche Abfallsammler plötzlich zurückziehe.

 

Ausschussmitglied Steindorf stellte einen Antrag auf Unterbrechung der Sitzung, um mit den als Zuhörer anwesenden Vorsitzenden der Kolpingsfamilien die Frage zu klären, ob diese weiterhin bereit seien ihr Altpapier-Sammelsystem aufrecht zu erhalten.

 

Die Sitzung wurde von 20.05 Uhr bis 20.25 Uhr unterbrochen.

 

Nach Wiederaufnahme der Sitzung erklärte Ausschussmitglied Steindorf, dass die CDU-Fraktion von den Kolpingsfamilien die Information erhalten habe, dass weiterhin die Bereitschaft bestehe, das derzeitige Altpapier-Sammelsystem aufrecht zu erhalten, auch wenn die Situation eintrete, dass ein gewerblicher Sammler im Gemeindegebiet Papiertonnen aufstellen sollte. Für diesen Fall baten die Kolpingsfamilien allerdings um Unterstützung und Mithilfe bei der Mobilisierung der Bürger, das Altpapier nicht über diese Tonnen zu entsorgen, sondern den Kolpingsfamilien zu überlassen. Des Weiteren schlage er vor, da der Meinungsfindungsprozess in der CDU-Fraktion noch nicht abgeschlossen sei, die Beschlussfassung zurückzustellen und hierüber in der Ratssitzung am 18.06.2008 zu entscheiden.

 

Für die SPD-Fraktion verdeutlichte Ausschussmitglied Branse, dass alles getan werden müsse, um das derzeitige Sammelsystem beizubehalten; allerdings müssten sich die Kolpingsfamilien dem Wettbewerb stellen.

 

Ausschussmitglied Fedder fügte hinzu, dass das Aufstellen von Papiertonnen für einen gewerblichen Sammler durchaus schwierig werden könne, wenn die Bürger hierfür vor Ort Geld verlangen würden.

 

Ausschussvorsitzender Schulze Baek schlug vor, die Beschlussfassung zurückzustellen, da noch Beratungsbedarf bestehe und bat die Verwaltung, bis zur nächsten Ratssitzung, um Darstellung der Kosten des sog. “Worst-Case-Falles”.

 

Der Ausschuss stimmte dieser Vorgehensweise zu und stellte eine Beschlussfassung vorerst zurück.

 

Abschließend berichtete Frau Voss-Werland noch über den Stand der Sanierungsmaßnahmen (Abdichtung) an der ehemaligen Deponie in Coesfeld-Höven.