Beschluss: geändert beschlossen

Abstimmung: Enthaltungen: 1

Die Leistungsklage gegen den ehemaligen Bürgermeister Meyering wird zurückgenommen.


Abstimmungsergebnis:                         einstimmig bei 1 Enthaltung


Bürgermeister Niehues verwies auf die vorliegende Sitzungsvorlage. Er begrüßte Herrn Rechtsanwalt Tyczewski von der Kanzlei Wolter Hoppenberg.

 

Er wies darauf hin, dass versehentlich der Sitzungsvorlage Nr. VII/ 918 die Seite 2 der Anlage 12 nicht beigefügt gewesen sei. Darüber hinaus sei am 11.10.2009 eine Email von Ratsmitglied Neumann und am 26. Oktober 2009 ein weiterer Schriftsatz der Rechtsanwälte Wolter Hoppenberg eingegangen. Die angesprochenen Unterlagen wurden den anwesenden Ratsmitgliedern ausgehändigt. Darüber hinaus wurden den Ratsmitgliedern in Kopie Sitzungsunterlagen aus den Jahren 2002 sowie 2003 über die Beratung und Festsetzung der Abwassergebühren ohne Berücksichtigung der Unterdeckung aus den Vorjahren ausgehändigt. Anschließend bat er Herrn Tyczewski den Ratsmitgliedern zu bestätigen, dass der Sachverhalt in der Sitzungsvorlage sich so zugetragen habe und zu den Fragen nach einem möglichen Schaden für die Gemeinde und evtl. Schadensersatzansprüchen von Herrn Meyering Stellung zu nehmen.

 

Rechtsanwalt Tyczewski bestätigte den Ratsmitgliedern, dass der Inhalt der Sitzungsvorlage korrekt sei. Er erläuterte, dass es mit Schreiben vom 6. Januar 2009 einen richterlichen Hinweis gegeben habe, wonach die Möglichkeit bestehe, die Klage zurückzunehmen. Aufgrund dieses richterlichen Hinweises habe man sich mit der Aufsichtsbehörde zusammengesetzt. Nach Erörterung des Sachverhaltes sei man zu dem Ergebnis gekommen, das Verfahren weiter laufen zu lassen. Zwischen dem 6. Januar und dem heutigen Tage seien für die Gemeinde keine weiteren Kosten entstanden.

 

Fraktionsvorsitzender Steindorf äußerte seinen Unmut darüber, dass den Ratsmitgliedern am heutigen Abend der Sitzung noch Unterlagen ausgehändigt worden seien. Er nahm Bezug auf seine Aussage auf Seite 20 des Ratsprotokolls vom 8. Oktober 2009 und fragte Rechtsanwalt Tyczewski direkt, ob dieser derzeit kostenlos für die Gemeinde tätig sei. Darüber hinaus wollte er von Rechtsanwalt Tyczewski wissen, ob die Gespräche mit der Kommunalaufsicht protokolliert worden seien und wer ‚man’ in den Erläuterungen sei.

 

Rechtsanwalt Tyczewski teilte mit, dass an dem Gespräch mit der Kommunalaufsicht Bürgermeister Niehues, zwei Herren von der Kommunalaufsicht sowie er selber teilgenommen hätten. Über solche Gespräche würden üblicherweise keine Vermerke gefertigt.

 

Er könne sich nicht vorstellen, dass Rechtsanwalt Tyczewski nicht wisse, mit wem er bei der Kommunalaufsicht zusammen gesessen habe, so Fraktionsvorsitzender Steindorf, schließlich gehe es hier um einen hohen Schadensersatzanspruch. So könne er keine Entscheidung fällen.

 

Rechtsanwalt Tyczewski entgegnete, dass für ihn Ansprechpartner die Kommunalaufsicht sei. Wer sich dahinter verberge, sei für ihn eher unwichtig.

Zur Frage nach den Kosten antwortete Rechtsanwalt Tyczewski, dass für seine anwaltliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr erhoben werde. Ob er hierfür ein oder mehrere Schreiben fertige, sei für die Höhe der Gebühr unerheblich.

 

Ratsmitglied Rottmann bat um Auskunft, wer von der Kommunalaufsicht an den Gesprächen teilgenommen habe.

 

Bürgermeister Niehues antwortete, dass er die Namen nur im nichtöffentlichen Teil der Sitzung nennen könne.

 

Ratsmitglied Rottmann entgegnete, dass die Angelegenheit komplett öffentlich beraten werden solle.

 

Bürgermeister Niehues wies darauf hin, dass die Kommunalaufsicht der Landrat sei. Wenn er die Namen der Vertreter der Kommunalaufsicht preisgeben solle, wolle er dies vorher mit dem Landrat abstimmen. Daher könne er in der öffentlichen Sitzung keine Namen nennen. Im nichtöffentlichen Teil würde er die Namen nennen.

 

Ratsmitglied Rottmann fragte nach, wie viele Personen an dem Gespräch mit der Kommunalaufsicht teilgenommen hätten.

 

Bürgermeister Niehues erläuterte, dass an dem Gespräch neben ihm zwei Personen von der Kommunalaufsicht und Rechtsanwalt Tyczewski teilgenommen hätten.

 

Fraktionsvorsitzender Branse verwies auf die Sitzungsvorlage, wonach ggf. die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden müsse, wenn sich aus der Diskussion heraus die Notwendigkeit hierfür ergeben sollte. Dies wolle er verhindern. Daher wolle er von Bürgermeister Niehues an dieser Stelle wissen, was in öffentlicher Sitzung beraten werden dürfe und was nicht, wann also tatsächlich die Notwendigkeit gegeben sei, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden müsse.

 

Bürgermeister Niehues wies darauf hin, dass er die Namen der Ratsmitglieder, die in dem Verfahren Stellungnahmen abgegeben hätten, in öffentlicher Sitzung nennen könne. Dies hätte er im Vorfeld mit den betroffenen Ratsmitgliedern abgesprochen. Die Namen der Vertreter der Kommunalaufsicht werde er jedoch nur in nichtöffentlicher Sitzung nennen.

 

Ratsmitglied Reints bat Herrn Tyczewski um Auskunft, ob sich die anwaltlichen Kosten tatsächlich auf 4.000 Euro belaufen würden und ob die Leistungsklage noch Aussicht auf Erfolg habe.

 

Rechtsanwalt Tyczewski teilte zu den Kosten mit, dass jeder Anwalt für das Betreiben eines Prozesses eine Gebühr erhebe. Diese falle an, sobald das Verfahren begonnen habe. Eine weitere Gebühr falle dann an, wenn ein Termin beim Gericht festgesetzt worden sei. Somit seien zwischen dem Schreiben vom 6. Januar und dem heutigen Tage keine weiteren Kosten angefallen.

Zu den Erfolgsaussichten der Leistungsklage würden sich für ihn eine Reihe von Fragen stellen:

1.)   Es stelle sich für ihn zunächst die Frage, ob der damalige Rat einen höheren Gebührensatz hätte beschließen müssen und ob der damalige Bürgermeister oder Herr Isfort ausdrücklich auf diese Verpflichtung hätten hinweisen müssen. Nach seiner Auffassung müsse diese Frage mit ‚ja’ beantwortet werden, da es zu den Pflichten des Bürgermeisters gehöre, auf diese Regelung hinzuweisen. In den damaligen Sitzungsvorlagen werde an verdeckter Stelle erwähnt, dass eine Unterdeckung vorliege. Es sei allerdings heute unklar, was Herr Isfort damals im Rat vorgetragen habe. Hier wisse er nicht, was die Beweisaufnahme des Gerichts ergeben werde. Sofern die Beweisaufnahme ergebe, dass Herr Isfort Recht habe und er den Rat umfassend informiert habe, so habe es keinen Zweck, den Prozess weiter zu führen. Falls allerdings die Beweisaufnahme ein anderes Ergebnis ergebe, so könne man den Prozess fortführen.

2.)   Was wäre gewesen, wenn der Rat damals gewusst hätte, dass er die Unterdeckung hätte berücksichtigen müssen. Er würde an dieser Stelle jedoch den Ratsmitgliedern unterstellen, dass für den Fall, dass dem Rat bewusst gewesen sei, dass die Unterdeckung eingebaut werden müsse, diese die Gebühr höher festgesetzt hätte.

3.)   Zur Frage nach dem Verschulden des ehemaligen Bürgermeisters würde er sagen, dass die Information des Rates über die Rechtslage eine eindeutige Pflicht des Bürgermeisters sei. Wenn der ehemalige Bürgermeister dies nicht getan habe, so liege nach seiner Auffassung grobe Fahrlässigkeit vor.

Es bestehe jedoch jederzeit die Möglichkeit, die Klage zurückzunehmen, wenn man z.B. merke, dass die Zeugenaussagen nichts bringen würden.

 

Ratsmitglied Schröer erklärte, dass für ihn ein wesentlicher Punkt sei, dass Zeugen hätten befragt werden müssen. Es stelle sich für ihn die Frage, wer entschieden habe, welche Zeugen befragt werden sollten. Darüber hinaus interessiere ihn, warum keine weiteren Zeugen befragt worden seien. Der Rat sei jedenfalls in diesen Auswahlprozess nicht mit einbezogen worden. Er denke, dass es nach dem deutschen Rechtssystem so sei, dass bei berechtigten Zweifeln zugunsten des Angeklagten entschieden werden müsse.

 

Bürgermeister Niehues antwortete, dass er die seinerzeitigen Haupt- und Finanzausschussprotokolle eingesehen habe. Er habe versucht, möglichst unbefangene Personen zu finden, die dem heutigen Rat nicht mehr angehören würden. Dies sei teilweise möglich gewesen, bei den kleineren Fraktionen aber nicht.

 

Ratsmitglied Haßler wies Bezug nehmend auf die Aussage von Rechtsanwalt Tyczewski, dass der Rat bei Kenntnis über die Rechtslage einen höheren Gebührensatz hätte beschließen müssen, darauf hin, dass es seinerzeit hinsichtlich der Festsetzung der Abwassergebühren eine Umbruchsituation gegeben habe. Der Rat habe damals nach ihrer Erinnerung ganz bewusst mit ziemlicher Mehrheit diese Vorgehensweise beschlossen. Sie sei sich sicher, dass Herr Isfort niemals etwas verschwiegen habe. Auch der Rat habe sich rechtstreu verhalten. Sie wies entschieden zurück, dass der Rat nicht rechtstreu entschieden habe. Nach ihrer Auffassung würde sich Rechtsanwalt Tyczewski in seinen Aussagen ziemlich winden.

 

Rechtsanwalt Tyczewski entgegnete, dass er lediglich seine Rechtsmeinung äußere. Zu § 6 Abs. 3 KAG habe er eine feste Meinung. Im Grunde gebe es zur Anwendung dieses Paragrafen keine Rechtsprechungen, weil Bürger gegen Ratsentscheidungen, eine Unterdeckung nicht auszugleichen, nicht klagen würden.

 

Nach der Gemeindeordnung müsse der Bürgermeister auf alles Wichtige hinweisen, so Fraktionsvorsitzender Steindorf. Er fragte nach, ob dies nicht auch für das Schreiben vom 6. Januar 2009 gelte, welches den Ratsmitgliedern erst 9 Monate später zugeleitet worden sei. Weiter bat er um Auskunft, ob die auf Seite 2 Absatz 1 der Sitzungsvorlage dargelegte Aussage des Gemeindeversicherungsverbandes verbindlich und schriftlich bestätigt worden sei.

 

Bürgermeister Niehues antwortete, dass für ihn auch mündliche Auskünfte verbindlich seien, so auch das Telefonat mit dem Gemeindeversicherungsverband.

 

Fraktionsvorsitzender Steindorf entgegnete, dass er dies anders sehe. Weiter führte er aus, dass in den Schreiben des Anwaltes der Gemeinde mehrfach die Aussagen von Herrn Isfort in Frage gestellt werden würden. Herrn Isfort würde sogar Falschaussage unterstellt. Er habe das als Klägerin nie so gesehen und nie so behauptet. Er verwahre sich ausdrücklich gegen diese Unterstellung.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing äußerte seine Auffassung, dass es schwierig sei, zum heutigen Zeitpunkt über Dinge zu sprechen, die vor 6 – 7 Jahren passiert seien. Deshalb habe er in zeitnaheren Unterlagen geblättert. Er wolle nun aus einem Zeitungsartikel aus dem Jahre 2004 zitieren. In diesem Artikel stehe geschrieben, dass jeglicher Zustand der Finanzen für den Rat nicht ersichtlich gewesen sei. Die Abwassergebühr sollte laut diesem Zeitungsartikel immer kostendeckend gewesen sein, was jedoch offensichtlich seit 1999 nicht mehr der Fall gewesen sei. Die Kernaussage der CDU in diesem Artikel sei somit gewesen, dass ihr die Unterdeckung nicht bewusst gewesen sei. Es müssten daher heute folgende Fragen beantwortet werden:

  1. Hat die CDU-Fraktion von der Unterdeckung gewusst, war sie richtig aufgeklärt?
  2. Falls ja, ist sie über die Auswirkungen aufgeklärt worden?
  3. Hätte die CDU-Fraktion die höhere Gebühr in Kauf genommen, wenn ihr die Auswirkungen bekannt gewesen wären?

E verwies darauf, dass sich der Ratswille im Haushaltplan wieder finden lasse. Im als Anlage zum Haushaltsplan beigefügten Wirtschaftsplan weise der Erfolgsplan einen Gewinn aus. Der Rat habe somit seinerzeit eindeutig signalisiert, dass man keine Unterdeckung wolle, sondern habe deutlich erklärt, dass man Gewinn erzielen wolle.

 

Fraktionsvorsitzender Branse wies darauf hin, dass für den Fall, dass der Rat damals gewusst habe, was er tue, keine Kausalität mehr gegeben sei. Wenn das jetzt im Rat so gesehen werde, könne man die Klage zurücknehmen, da diese dann keine Aussicht auf Erfolg mehr habe. Er sei sich auch nicht sicher, ob der Rat die Gebühren erhöht hätte, wenn er über alles umfassend informiert worden wäre. Er glaube, dass der Rat heute die Kausalität nicht mehr nachweisen könne. Auch das Gericht habe signalisiert, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe, wenn die Kausalität nicht vorhanden sei.

 

Fraktionsvorsitzender Steindorf entgegnete Bezug nehmend auf die Aussagen des Fraktionsvorsitzenden Mensing, dass die WIR-Fraktion mit Antrag vom 2. Dezember 2004 aufgrund der fehlenden Jahresabschlüsse einen Prüfauftrag an die Verwaltung gestellt habe, ob im Zusammenhang mit den fehlenden Jahresabschlüssen des Sondervermögens Abwasser der Gemeinde ein Schaden entstanden sei und ob ein Anspruch gegenüber dem ehemaligen Bürgermeister Meyering gegeben sei. Die CDU-Fraktion habe sich diesem Antrag angeschlossen und ihn um folgende Punkte erweitert:

1.)   Wären die Aufsichtsbehörden in der Lage gewesen, den Ablauf der Dinge zu ändern?

2.)   Falls ja, warum ist dies nicht geschehen?

3.)   Hat die Euregio Revisions Wirtschafsprüfungsgestellschaft mbH ausreichende Befugnis gehabt und genutzt, um den Ablauf zu verändern?

4.)   Liegt Fehlverhalten weiterer Personen der Gemeindeverwaltung vor?

5.)   Die Verwaltung wird beauftragt, den Fraktionen Akteneinsicht zu gewähren.

Der erweiterte Antrag sei anschließend so beschlossen worden. Im Laufe der Jahre habe sich die Angelegenheit immer weiter hochgeschaukelt. Irgendwann sei gesagt worden, dass man Klage einreichen müsse, um die Versicherungssumme zu kassieren. Die CDU-Fraktion habe sich die Entscheidung seinerzeit nicht leicht gemacht. Er selbst nehme für sich in Anspruch, dass er Klarheit hätte haben wollen. Er habe nicht damit gerechnet, dass im Laufe der Jahre weitere Dinge hinter verschlossener Tür diskutiert worden seien. Den Schaden, der der Familie Meyering entstanden sei, halte er für enorm.

 

Ratsmitglied Haßler äußerte ihre Auffassung, dass der Rat seinerzeit eine politische Entscheidung getroffen habe. Auch in den Folgejahren habe der Rat noch so verfahren. So sei dem Rat in seiner Sitzung am 16. Dezember 2004 durchaus bewusst gewesen, dass ein Defizit vorhanden war. Dennoch seien in der Gebührensatzung die Gebühren nicht erhöht worden, stattdessen sei der kalkulatorische Zinssatz abgesenkt worden. Auch am 16. Dezember 2004 sei somit eine politische Entscheidung seitens des Rates getroffen worden.

 

Bürgermeister Niehues entgegnete, dass es für das Jahr 2005 eine deutliche Gebührenerhöhung gegeben habe. Es sei zum damaligen Zeitpunkt aber kaum möglich gewesen, die Verluste von vier Jahren in einer Summe an die Bürger weiterzugeben. Er habe seinerzeit eine Stellungnahme eingeholt, wie in diesem Falle verfahren werden könne. Die Gemeindeprüfungsanstalt habe damals mitgeteilt, dass in diesem Falle ein sog. atypischer Fall vorliege und es deshalb vertretbar sei, die Defizite von vier Jahren nicht in voller Höhe in die Gebührenkalkulation für das Jahr 2005 einzurechnen. Dies sei ein klassischer atypischer Fall gewesen, in dem es politisch vertretbar gewesen sei, die Gebühren nicht bis zur Kostendeckung zu erhöhen.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing erinnerte daran, dass der Bürgermeister in 2004 die Kommunalaufsicht eingeschaltet und gefragt habe, wie man in diesem hier vorliegenden Fall vorgehen solle. Ihm sei jedoch nicht bekannt, dass in den Jahren 2000 – 2003 die Kommunalaufsicht gefragt worden sei, ob die Gemeinde Gebührensätze erheben könne, die nicht kostendeckend seien. Er glaube, dass der Kommunalaufsicht nur der Haushaltsplan vorgelegen habe, in dem die Gemeinde Gewinne ausgezeichnet habe. Ihm sei nicht klar, ob die Kommunalaufsicht richtig unterrichtet worden sei.

 

Ratsmitglied Kuhl fragte Rechtsanwalt Tyczewski direkt, ob das Streitverfahren weiter geführt oder aber aufgegeben werden solle. Ihn interessiere, ob die Versicherung zahlen müsse, wenn man das Verfahren weiter laufen lasse und es sich letztlch herausstelle, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Weiter interessiere ihn, ob für den Fall, dass sich wider Erwarten herausstelle, dass der ehemalige Bürgermeister Meyering regresspflichtig sei, die Versicherung zunächst zahle und sich anschließend das Geld von Herrn Meyering wiederholen würde.

 

Rechtsanwalt Tyczewski gab die Frage an Bürgermeister Niehues weiter.

 

Bürgermeister Niehues antwortete hierauf, dass die Versicherung sich dahingehend geäußert habe, dass zunächst der Ausgang des Verfahrens abzuwarten bleibe. Ob die Versicherung zahle, hänge vom Ausgang des Verfahrens ab. Falls sich herausstellen würde, dass kein Verschulden von Herrn Meyering vorgelegen habe, so werde auch die Versicherung nicht zahlen.

 

Für ihn sei entscheidend, dass der Rat in 2002 und 2003 diese Entscheidung getroffen habe, auch wenn er es nicht hätte tun dürfen, so Fraktionsvorsitzender Branse. Aus den alten Niederschriften gehe zumindest nichts anderes hervor. In 2004 habe der Fall anders gelegen, hier habe der Rat eine politische Entscheidung getroffen.

 

Ratsmitglied Schröer wies bezugnehmend auf die diesbezüglichen Ausführungen vom Fraktionsvorsitzenden Mensing darauf hin, dass im Haushaltsplan nicht das stehe, was tatsächlich gebührenrelevant sei. Hier vermenge Herr Mensing zwei unterschiedliche Dinge. Diese Unterschiede seien von Herrn Isfort bereits mehrfach erläutert worden.

 

Er habe lediglich darstellen wollen, was damals Wille des Rates gewesen sei, so Fraktionsvorsitzender Mensing. Fraktionsvorsitzender Branse habe Recht mit seiner Vermutung, dass es schwierig sei, die Kausalität dazustellen. Man müsse versuchen, in den alten Unterlagen herauszufinden, wie der Rat damals voraussichtlich bei umfassender Kenntnis über die Rechtslage entschieden hätte. Ihn würde interessieren, ob Rechtsanwalt Tyczewski überzeugt davon sei, dass er Argumente finden könne, die der Überprüfung durch das Gericht Stand halten könnten, die somit Aussicht auf Erfolg hätten.

 

Rechtsanwalt Tyczewski erläuterte den Ratsmitgliedern zunächst den Ablauf eines Verwaltungsprozesses. Der Grundsatz, dass im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden müsse, gelte nur im Zivilprozess, jedoch nicht im Verwaltungsprozess. Zur Frage von Herrn Mensing nach den Erfolgsaussichten der Klage führte er aus, dass er davon ausgehe, dass die Ratsmitglieder sich stets rechtmäßig verhalten hätten. Wenn er Recht habe mit seiner Auffassung, so hätte sich der Rat bei umfassender Kenntnis der Rechtslage anders entschieden. Diese Auffassung müsse er dem Gericht klar machen. Beweisen könne man in diesem Falle nichts. Es müsse gelingen darzulegen, dass der Rat sich stets rechtmäßig verhalten habe und dass das Jahr 2005 nicht aussagekräftig sei. Er würde nach seinen Erfahrungen im Prozess schauen, wie sich das Verfahren in der mündlichen Verhandlung entwickle. Wenn sich der Prozess dann anders als von ihm erwartet entwickeln sollte, so könne man dann immer noch die Klage zurücknehmen. Sollte ihm jedoch heute Abend eindeutig signalisiert werden, dass der Rat sich auch bei umfassender Kenntnis der Rechtslage nicht anders entschieden hätte, so gebe er den Rat, die Klage bereits an dieser Stelle zurück zu nehmen.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing fragte nach, ob der Gemeinderat über mehrere Jahre einen atypischen Fall annehmen durfte, ohne ihn zu begründen.

 

Hierauf antwortete Rechtsanwalt Tyczewski, dass für den Fall, dass jedes Jahr ein atypischer Fall vorgelegen habe, der Rat dies auch annehmen durfte. Er sei aber der Auffassung, dass dies in diesem Fall zwingend hätte protokolliert werden müssen, damit die Entscheidung später nachvollziehbar sei.

 

Er sei seinerzeit Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss gewesen, so Ratsmitglied Kuhl. Die Gemeinde habe zu der Zeit bei den Abwassergebühren einen ersten ‚Systemwechsel’ vorgenommen. Dieser Systemwechsel sei einer der Fehler gewesen, die er mitbestimmt habe. Das neue System sei durch das heutige Ratsmitglied Reints beklagt worden und habe einer Überprüfung vor Gericht nicht Stand gehalten. Er könne sich gut daran erinnern, wie oft Herr Isfort an den Gerichtsverhandlungen teilgenommen habe. Nach dem Urteil des Gerichtes habe man das System erneut gewechselt. Man habe versucht, den Bürger mit dem neuen System nicht über Gebühr  zu belasten. Er behaupte, dass es damals eine politische Entscheidung gewesen sei, eine Unterdeckung in Kauf zu nehmen. Der damals gewählte Verfahrensweg sei ein politisch gewollter Weg gewesen.

 

Ratsmitglied Löchtefeld äußerte die Auffassung, dass er nicht erkennen könne, dass die ‚alten’ Ratsmitglieder anders entschieden hätten, wenn sie von der Unterdeckung gewusst hätten.

 

Solange er nicht genau wisse, wie damals der Gedankenweg der Ratsmitglieder gewesen sei, gehe er davon aus, dass sich die Ratsmitglieder seinerzeit rechtmäßig verhalten hätten, so Rechtsanwalt Tyczewski, weil sie über die Unterdeckung nicht ausreichend informiert gewesen seien. Wenn dem nicht so sei, sei die Einschätzung des Gerichtes richtig, dass es an der Kausalität fehle. Er sei aber bei den damaligen Ratssitzungen nicht dabei gewesen.

 

Auf Nachfrage von Ratsmitglied Löchtefeld teilte Rechtsanwalt Tyczewski mit, dass das Verwaltungsgericht in Münster fast alle Klagen durch Einzelrichter entscheiden lasse.

 

Ratsmitglied Newman äußerte die Auffassung, dass viel Ärger erspart geblieben wäre, wenn der Bürgermeister den Gemeinderat unverzüglich über das Vorhandensein und den Inhalt des Schreibens vom 6. Januar 2009 informiert hätte. Sie sei auch der Auffassung, dass der Anwalt den Bürgermeister entsprechend hätte beraten müssen. Der Rat hätte damals schon entscheiden müssen, ob die Klage zurück genommen werden solle. Die Befragung des Rates hätte im Januar oder Februar das gleiche Ergebnis wie heute ergeben.

 

Ratsmitglied Everding fragte nach, ob es nicht peinlich sei, wenn der Rat die Klage nicht zurück nehme und Herr Meyering anschließend freigesprochen werde. Darüber hinaus fragte sie nach, ob sich die Versicherung im Falle einer Verurteilung das Geld von Herrn Meyering wieder holen werde und ob in diesem Fall noch weitere Forderungen auf Familie Meyering zukommen würden.

 

Rechtsanwalt Tyczewski wies darauf hin, dass als Termin für das Gerichtsverfahren der Januar 2010 genannt worden sei. Ob es dazu komme, bleibe jedoch abzuwarten, dies hänge mit der Person des Vorsitzenden zusammen. Ob es für den Rat peinlich sei, wenn dieser die Klage nicht zurücknähme und Herr Meyering anschließend freigesprochen werde, sei keine Frage, die er als Rechtsanwalt beantworten könne. Diese Frage müsse der Rat sich selbst beantworten. Er wies darauf hin, dass gegen Herr Meyering aber kein Anklageverfahren laufe, Herr Meyering werde nicht schuldig gesprochen oder freigesprochen. Ob weitere Kosten auf die Familie Meyering zukommen würden, könne er nicht beantworten, ebenso könne er nicht beantworten, ob die Versicherung ggf. Herrn Meyering in Regress nehmen werde.

 

Bürgermeister Niehues wies ebenso darauf hin, dass er nicht sagen könne, ob die Versicherung Herrn Meyering in Regress nehmen werde, dies müsse die Versicherung für sich entscheiden.

 

Ratsmitglied Haßler äußerte sich dahingehend, dass der Rat zugeben solle, wenn er Fehler gemacht habe, dies sei keine Frage von Peinlichkeit. Sie verwies auf den Ausspruch von Konrad Adenauer: ‚Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern’.

 

Er sei der Auffassung, dass ‚peinlich’ der falsche Ausdruck sei, so Fraktionsvorsitzender Branse. Er finde es erschreckend, dass man sich erst nach einem Jahr frage, wie es Familie Meyering mit der Klage gehe. Ob der Rat den Anspruch auf Schadensersatz durchsetzen könne, sei eine andere Frage, dies müsse niemandem peinlich sein. Er sei der Einzige gewesen, der in 1999 aufgestanden sei und gesagt habe, dass es ‚Mist’ gewesen sei, was er beschlossen habe. Die CDU-Fraktion habe dagegen bis 2005 weitergemacht. Als Ratsmitglied mache man auch Fehler, das sei klar. Man müsse aber irgendwann die gemachten Fehler revidieren. Wenn die Klage ein Fehler war, so müsse man heute den Fehler zugeben und aufhören. Er glaube, dass es nicht beweisbar sein werde, dass der Rat anders entschieden hätte, wenn er umfassend informiert worden wäre. Die Kausalität  breche daher in sich zusammen. Er könne heute jedenfalls nicht sagen, ob er vor sechs Jahren anders entschieden hätte, wenn er alles gewusst hätte.

 

Ratsmitglied Rottmann sprach sich dafür aus, die Ehre von Herrn Meyering wieder herzustellen. Wenn der Rat heute entscheiden könne, die Klage zurückzunehmen, so solle er dies heute tun und nicht erst bei der mündlichen Verhandlung im Januar.

 

Ihn störe, dass man von ‚Urteil’ spreche, so Ratsmitglied Reints. Herr Meyering werde nicht verurteilt. Er appellierte an die Presse, in dieser Angelegenheit objektiv zu berichten und nicht Herrn Meyering zu unterstellen, dass er Geld unterschlagen habe. Dies sei für ihn peinlich. Aus heutiger Sicht müsse er sagen, dass er die Dinge von damals heute in einem anderen Licht sehe. Vor einem Jahr sei eine Entscheidung aufgrund von damals vorliegenden Fakten getroffen worden. Damals sei er der Auffassung gewesen, dass das, was er entschieden habe, richtig gewesen sei. Heute sei er der Auffassung, dass die damalige Entscheidung ‚scheiße’ gewesen sei. Er fühle sich von der Verwaltung seinerzeit falsch informiert.

 

Bürgermeister Niehues entgegnete, dass es seinerzeit ein Rechtsgutachten gegeben habe und die Kommunalaufsicht danach Handlungsbedarf gesehen habe.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing stellte die Frage an Rechtsanwalt Tyczewski, ob die Ratsmitglieder rechtlich gesehen überhaupt in der Lage gewesen seien, eine andere Entscheidung zu treffen, sofern sie über die Situation aufgeklärt worden seien. Weiter wolle er wissen, ob es damals einen rechtlichen Spielraum gegeben habe. Soweit ihm bekannt sei, gebe es Urteile, nach denen Gebühren auf jeden Fall kostendeckend sein müssten.

 

Rechtsanwalt Tyczewski antwortete, dass es das Kostendeckungsgebot nach dem KAG gebe. Er glaube, dass objektiv gesehen seinerzeit falsche Entscheidungen getroffen worden seien. Wie diese zustande gekommen seien, sei heute unklar. Die Frage sei, ob der Rat bei richtiger Kenntnis eine andere Entscheidung getroffen hätte.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing fragte nach, ob die Verwaltung die damaligen Beschlüsse hätte beanstanden müssen.

 

Rechtsanwalt Tyczewski bejahte diese Frage. Eigentlich hätte der Bürgermeister diese Beschlüsse beanstanden müssen.

 

Ratsmitglied Schulze Baek erinnerte nochmals daran, wie man überhaupt zu dem Klageverfahren gekommen sei. Er wisse noch, dass er damals von Nötigung gesprochen habe. Nach der Aussage des Gerichts stehe für ihn fest, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, die Klage zurück zu nehmen. Man sei jetzt an einer Stelle angekommen, wo man keine Aussicht auf Erfolg mehr habe und daher solle das Verfahren jetzt beendet werden.

 

Ratsmitglied Kuhl stellte den Antrag auf Abstimmung.

 

Ratsmitglied Riermann äußerte die Auffassung, dass man nach dem Verlauf der heutigen Sitzung eigentlich die Klage zurückziehen müsse.

 

Rechtsanwalt Tyczewski stellte klar, dass für den Fall, dass Bürgermeister Meyering oder auch Herr Isfort den Rat damals informiert habe, an der Klage nichts dran sei. Wenn keiner von beiden jedoch die Ratsmitglieder informiert habe, so liege Fehlverhalten vor. Wenn aber die Nichtinformation des Rates nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, so fehle es an der Kausalität. Dann habe die Klage keine Aussicht auf Erfolg.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing äußerte seine Verwunderung darüber, dass bislang immer gesagt worden sei, dass man nicht informiert worden sei. Heute heiße es auf einmal, man sei informiert worden und habe seinerzeit eine politische Entscheidung getroffen.

 

Ratsmitglied Kuhl verwies auf die seinerzeitigen Sitzungsvorlagen. Dort stehe etwas von Unterdeckung. Er sei der Auffassung, dass die Entscheidungen seinerzeit dem Systemwechsel geschuldet gewesen seien. Nach der Diskussion heute Abend sei er nun der Auffassung, dass das Verfahren keine Aussicht mehr auf Erfolg habe und dass daher die Klage nicht weiter aufrecht erhalten werden könne.

 

Ratsmitglied Schröer stellte klar, dass für ihn höchstes Gebot bei der Entscheidung für die Leistungsklage gewesen sei, dass ganz klar heraus kristallisiert werden solle, ob ein Verschulden von Herrn Meyering vorgelegen habe oder nicht. Für ihn sei damals wesentlich gewesen zu erfahren, ob Fehlverhalten bestanden habe oder nicht. Heute sei ihm klar, dass das Verfahren beendet werden müsse.

 

Ratsmitglied Haßler wies darauf hin, dass sie bereits in der Sitzung am 17. September 2007 gesagt habe, dass die Beschlüsse verantwortungsbewusst gefasst worden seien.

 

Fraktionsvorsitzender Branse erinnerte daran, dass Frau Haßler immer ihre Meinung kundgetan habe, dass sie die seinerzeitigen Beschlüsse für politische Entscheidungen gehalten habe. Die Leistungsklage sei eingereicht worden, weil der Rat die Notwendigkeit gesehen habe, das Geld wieder zu beschaffen. Er glaube nicht mehr an die Chance, das Geld wieder zu erhalten, deshalb schlage er vor, an dieser Stelle ‚das Buch zuzumachen’.

 

Ratsmitglied Söller wies darauf hin, dass der jetzige Rat sich ebenfalls nicht immer rechtmäßig verhalten habe. Als Beispiel nannte er die Nichterhebung von Elternbeiträgen für die Offenen Ganztagsgrundschulen.

 

Ratsmitglied Reints stellte den Antrag auf Abstimmung.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing wies unter Bezugnahme auf § 14 der Geschäftsordnung darauf hin, dass Herr Reints den Antrag auf Abstimmung nicht stellen könne, da er sich im Vorfeld an der Beratung beteiligt habe.

Er selbst habe noch eine weitere Frage an den Rechtsanwalt. So habe dieser am Anfang darauf hingewiesen, dass in der mündlichen Verhandlung noch eine weitere Gebühr für die Anwälte anfalle.

 

Rechtsanwalt Tyczewski bejahte dies. Darüber hinaus sei das Verfahren auch etwas teurer, sofern die Kammer ein Urteil spreche.

 

Auf die entsprechende Frage vom Fraktionsvorsitzenden Mensing antwortete Rechtsanwalt Tyczewski, dass der Einzelrichter entscheide, wie er vorgehe, ob er z.B. erst beim Termin vor Gericht in die Beweisführung einsteigen werde.

Wenn er der Anwalt von Herrn Meyering wäre und die heutige Sitzung verfolgt hätte, so würde er alle Ratsmitglieder als Zeugen benennen. Er sei nunmehr der Auffassung, dass die Klage rechtlich keinen Sinn mehr mache, es gebe daher auch keinen Anspruch gegen Herrn Meyering.

 

Ratsmitglied Isfort stellte den Antrag gemäß § 14 der Geschäftsordnung auf Schluss der Aussprache.

 

 

Abschließend fasste der Rat folgenden Beschluss: