Im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 GO NRW wird Folgendes beschlossen:

 

1.  Die Gemeinde Rosendahl beteiligt sich mit weiteren Kommunen an einer Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz 2011.

2.  Die Gemeinde Rosendahl erhebt Klage vor dem Verwaltungsgericht Münster gegen den Bescheid vom 08.06.2011 (Az.: 32.2.31/32) über den Finanz- und Lastenausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Haushaltsjahr 2011.

3.  Dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung mit der Anwaltskanzlei Wolter Hoppenberg, Hamm, mit einer Pauschalvergütung in Höhe von maximal 10.000 € zzgl. Mehrwertsteuer wird zugestimmt.


Abstimmungsergebnis:                         8 Ja Stimmen

                                                              1 Nein Stimme

 

 


Bürgermeister Niehues verwies auf die Sitzungsvorlage VIII/305.

 

Ausschussmitglied Schulze Baek fragte, ob die angegeben Kosten verbindlich seien oder ob der Streitwert auch höher festgelegt werden könne.

 

Kämmerer Isfort erklärte, dass er sich diese Frage auch bereits gestellt habe. Grundsätzlich werde der Streitwert vom Gericht festgelegt. Im Zuge der Klageerhebung gebe es eine Streitwertbegrenzung. Da die geplante Klage nur der Fristwahrung diene und keine anwaltliche Gegenseite bestehe, die Interesse daran haben könnte, den Streitwert zu verändern, gehe er davon aus, dass es sich hierbei nur um eine formale Entscheidung des Verwaltungsgerichtes handele, zumal das Gericht nur wenig Arbeit mit der Klage haben werde.

 

Fraktionsvorsitzender Branse stellte in Frage, dass die Klage Aussicht auf Erfolg haben könne, da gegen einen Bescheid geklagt werde, der auf einem bestehenden Gesetz beruhe. Das Gericht werde nicht das bestehende Gesetz ersetzen, sondern darauf verweisen, gegebenenfalls ein neues Gesetz zu erlassen. Er sei der Ansicht, dass das bestehende Gemeindefinanzierungsgesetz (GfG) gerechter sei, als das vorherige. Es sei verständlich das Rosendahl als betroffene Kommune, die deutliche Einbußen bei den Schlüsselzuweisungen hinnehmen musste, entsprechend frustriert sei. Dennoch entbinde das nicht davon, zu überdenken, wie die Klage von Seiten des Verwaltungsgerichtes gesehen werde.

Selbst wenn das bestehende Gesetz vom Gericht „gekippt“ werde, sei es fraglich, was die Kommunen dann erwarte. Möglicherweise entstehe sogar eine noch größere Benachteiligung als bisher. Zudem werde ein entsprechendes Verfahren einige Jahre dauern.

 

Fraktionsvorsitzender Steindorf entgegnete, dass er dazu eine völlig andere Sichtweise habe. In diesem Jahr sei es bereits notwendig, eine Summe von 800.000 € zu kompensieren. Im nächsten Jahr sei gar geplant, die Schlüsselzuweisungen um 15,3 % zu reduzieren. Dies sei für ihn als Vertreter der Bürger Rosendahls nicht hinnehmbar. Eine kommunale Selbstverwaltung sei so nicht mehr aufrecht zu erhalten. Er sehe daher nur noch den Klageweg, um auf diese Situation aufmerksam zu machen. Das empfinde er weder als lächerlich noch als banal und sei auch nicht auf Pressehunger zurückzuführen.

Er äußerte zudem Hochachtung vor den SPD-Bürgermeistern Bergmann (Nordkirchen) und Stremlau (Dülmen), die sich an der Sammelklage gegen das GfG beteiligten.

 

Bürgermeister Niehues ergänzte, dass dabei auch SPD-Bürgermeister Schneider (Nottuln) nicht vergessen werden dürfe. Er erklärte weiter, dass bei den Kosten die Höchstsumme von 10.000 € je Kommune nur dann zum Tragen komme, wenn sich wenige Kommunen an der Klage beteiligten, wovon er aber nicht ausgehe. Bei der angekündigten Beteiligung von 35 Kommunen entstünden nur noch Kosten in Höhe von 5.000 €, bei Beteiligung von weiteren Kommunen würden die Kosten je Kommune weiter reduziert.

 

Fraktionsvorsitzender Meier erklärte, dass er grundsätzlich kein Freund davon sei, den Klageweg zu beschreiten, schließe sich aber in diesem Fall der Einschätzung des Fraktionsvorsitzenden Steindorf an und teilte mit, dass die FDP-Fraktion der Beschlussvorlage zustimmen werde.

 

Fraktionsvorsitzender Branse machte deutlich, dass seiner Ansicht nach das Verwaltungsgericht nicht allein über die Gemeinde Rosendahl sondern darüber entscheiden werde, ob alle Kommunen gerecht behandelt wurden. Als Ratsherr müsse er die Interessen der Bürger vertreten. Er sehe keine Möglichkeit, die Klage zu gewinnen oder einen Vorteil aus der Neuaufstellung des GfG zu ziehen. Der beauftragte Anwalt sei nicht gefragt worden, ob die Klage tatsächlich Aussicht auf Erfolg habe. Er ziehe sich in seinen Ausführungen auf das grundsätzliche Verwaltungsrecht zurück. Er gehe davon aus, dass nach Beschreitung des Klageweges frühestens in 5 Jahren ein Ergebnis vorliegen werde.

 

Kämmerer Isfort erklärte, dass er dieses Thema nicht politisch bewerten wolle, sondern aus Sicht der Verwaltung sehe. Er sei sich dessen bewusst, dass das Land NRW einen sehr weiten Ermessensspielraum bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlagen für die Gemeindefinanzierung und dabei insbesondere für die Gewichtung der Kriterien für die Bemessung der Schlüsselzuweisungen habe. Rechtlich angreifbar wären Regelungen im GfG allerdings dann, wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt würde. Dies sei immer dann anzunehmen, wenn gleiche Sachverhalte ungleich bzw. ungleiche Sachverhalte gleich behandelt würden.

Einen diesbezüglichen Anknüpfungspunkt sehe er bei den Wirkungen des Soziallastenansatzes. Der Ansatz knüpfe an die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die sog. Hartz IV-Leistungen erhalten, an. Man müsse daher unterstellen, dass eine Verbindung zwischen dem Umfang der finanziellen Belastungen und der Höhe der Schlüsselzuweisungen gewollt sei. Für kreisfreie Städte treffe dies auch zu. Beeinflussender Faktor für die von ihnen zu tragenden Lasten aus SGB II-Leistungen seien ebenso wie bei der Zuwendungsbemessung nach dem Soziallastenansatz die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften.

Bei kreisangehörigen Städten und Gemeinden sei vorläufiger Kostenträger der Kreis. Der entstehende Aufwand werde daher grundsätzlich in die Ermittlung des Umlagesatzes für die allgemeine Kreisumlage einbezogen. An dieser würden die kreisangehörigen Städte und Gemeinden jedoch nach der vorhandenen Finanzkraft ohne Orientierung an dem vor Ort „verursachten“ Aufwand beteiligt. Die Berücksichtigung des Soziallastenansatzes in den Schlüsselzuweisungen erfolge daher im Gegensatz zu den kreisfreien Städten bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden nach völlig anderen Kriterien als die Belastungsbeteiligung.

Auch die unterschiedliche Gewichtung der Einwohner der einzelnen Kommunen als Hauptansatz bei der Bedarfsermittlung sei es wert, einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen zu werden. Die Ausgestaltung des Hauptansatzes ziehe ihre Berechtigung vor allem aus der Tatsache, dass größere Städte andere oder zusätzliche Funktionen (Mittelzentren, Oberzentren) haben. Dies sei im Grundsatz, z.B. für die Stadt Münster in vollem Umfang anzuerkennen. Sie dürfte weitgehend unbestritten, viele Funktionen und Einrichtungen erfüllen bzw. vorhalten, die auch für die (Mit-)Nutzung des Umlandes bestimmt sind. Für die Gesamtheit der Städte des Ruhrgebietes könne dies allerdings nicht gelten. Auch dort werden die Einwohner je nach Größe der Stadt höher gewichtet. Eine Funktion als Mittel- oder Oberzentrum könnten jedoch nicht alle Ruhrgebietsstädte nebeneinander in gleichem Umfang innehaben. Soviel Umland gebe es dort gar nicht. Im Gegenteil: Die einzelnen Städte dürften im Hinblick auf die genannten Funktionen eher in einer Konkurrenzsituation zu einander stehen.

Kämmerer Isfort führte weiter aus, dass es sicher noch einige andere Punkte gebe, die man als Grundlage für eine kritische Bewertung heranziehen könne. Der Erfolg des Verfahrens hänge jedoch wesentlich davon ab, ob es gelinge, den Nachweis darüber zu führen, dass das Gesetz gegen Verfassungsgrundsätze verstoße.

 

Fraktionsvorsitzender Mensing teilte mit, dass das GfG auf dem IFO-Gutachten beruhe, bei dem alle politischen Gremien mitgewirkt hätten. Dass der Soziallastenanteil geändert worden sei, sei auch auf Zustimmung der CDU und FDP gestoßen. Die WIR-Fraktion habe sich dafür ausgesprochen, den Klageweg zu gehen und sei zugleich froh, dass sie sich zuvor gegen eine eigene Klage der Gemeinde Rosendahl ausgesprochen habe, um Kosten zu sparen. Dass auch Kosten durch die Beteiligung an der Verfassungsbeschwerde und der Erhebung einer Klage entstünden, sei klar. Die WIR-Fraktion werde dennoch dem Verwaltungsvorschlag zustimmen, da keine Veränderungen erzielt würden, wenn man „die Hände in den Schoß lege“.

 

Fraktionsvorsitzender Steindorf stellte klar, dass im IFO-Gutachten mehr Kriterien als nur der Soziallastenansatz zur Diskussion standen, denen die CDU- und FDP-Fraktionen in Düsseldorf zugestimmt hätten.

 

Der Ausschuss fasste sodann folgenden Beschluss: